Nach Wasser-Musiktheater der Eisform mit Terje Insungets Icemusic und der Unterwasser-Musik „Aquasonic“ der dänischen Gruppe Between Music schließt das Musik-Festival „Out of the Box“ mit digital-musikalischen Architekturen.
Nach der archaischen, aristotelischen Szene verwandelte am Freitag, 1. Februar der Lichtkünstler Kurt Laurenz Theinert zu Klängen des Pianisten Martin Stortz die whiteBOX in eine visuell-akustische Meditation. Theinert freute sich, wieder in diesem White Cube zu arbeiten. Bereits Anfang Juni 2016 war er hier gewesen und hatte den für ihn und die Laser-Computer-Grafiken seines „Visual Pianos“ so sehr geeigneten Raum zusammen mit den Improvisationen der „Trondheim Voices“ bei „Unfolding Space“ verwandelt.
Nach der Naturgewalt, den schöpferischen Kräften der Wildnis, gefasst im kristallinen Klang der Eis-Erstarrung, dann flüssig und eingefasst in Aquarien, bewohnt von Wassermusikern an skurillen Instrumenten, die aus einer Werkstatt von Jule Verne-Mechanikern stammen konnten, nun also die „liquid architecture“ der Zahlenreihen – optisch digital und musikalisch spektral. Flüssig eben auch dies und in der Tiefe der Kunstgeschichte auch beeindruckt vom Fluxus.
Martin Stortz beginnt mit einer der schönsten Klangerzeugen des präparierten Klaviers. Er hat unter mittigen Saiten des Instruments die Bespannung eines Bogens hindurch gezogen und kann mit leichten Veränderungen des Winkels sphärische Cluster erzeugen, voller Schwebungen und geradezu himmlischer Dissonanzen. Kurt Laurenz Theinert steigt sehr behutsam ein. Vor dem Konzert hatte er noch sicherheitshalber erklärt, dass es keine Light to Sound- Verbindung zwischen den beiden gibt. An den Tasten seines „Visual Pianos“ liegen die Grundregister seiner grafischen Strukturen an, die über vier Laser im Raum projiziert werden. Darüber als Effektboard, die Welt der digitalen Knöpfe.
Das Quadrat der whiteBOX wird durch sechs Säulen durchbrochen, die Decke ist durchzogen von Lüftungsrohren, Kabelschächten und Rigging, was das Projizieren spannend macht. In verschiedenen Registern gelingt ein Oszillieren von achsensymmetrischen Strukturen, die sich brechen, opulent und geradezu stechend wie in einem riesigen Kaleidoskop, sich aber dann wieder verwandeln in sanftere Punktsymmetrien, deren Mittelpunkte außerhalb des Raumes zu liegen scheinen.
Die Haltung des Lichtkünstlers ist musikalisch. Er versucht weniger die Akzente der Minimal Music zu erwischen, er geht dazwischen, kommentiert, lässt weiterfließen. Besonders meditativ wirken die Passagen, die mit weissen Punkten kommentiert werden. Sanft atmen die Wände wie mit Stickleinen behängt. Das Licht dringt wie von außen durch eine Perforation. So endet auch der musikalische Weg. Man bewegt sich in eine Stille nach draussen. Für die sibirischen Völker ist der Himmel – das Himmelszelt – eine Jurte durch deren Löcher das ewige Licht Gottes in Form von Sternen scheint.
Autor: Michael Wüst