Amazonas und Peru
Faszinierend dieser Amazonas. Aber von Anfang an, angekommen in dem kleinen Städtchen Leticia mitten im Dschungel am Dreiländereck (Kolumbien-Peru-Brasilien) waren wir erstmal – sagen wir – etwas verwundert: Es war laut, feucht-heiß, unordentlich und hatte einen eigenartigen Geruch. Nichts für Mitteleuropäer aus dem Bayerischen Wald ☺. Nach ein paar Stunden Aufenthalt und einem bayerischen Nationalgetränk „Bier“, einem Spaziergang durch den kleinen, aber überraschenderweise sehr ansehnlichen Stadtpark, löste sich unser Dunst vor den Augen und die Faszination für den unbekannten Ort begann. In eben diesen Stadtpark versammeln sich auf unerklärliche Weise und zu unserer Überraschung unter einem tosenden Gekreische und Gewirr jeden Abend tausende von kleinen grünen Papageien in den Bäumen und verbringen die Nacht dort.
Von Leticia reisten wir mit dem Boot über den Amazonas nach Peru in die Dschungelstadt Iquitos. „Ist das ein Fluss oder ein See?“, dachten wir uns als wir mit dem Boot unterwegs waren. Riesig und an manchen Stellen war nicht zu erkennen, wo das Ufer anfing oder ob es wieder eine Insel im Fluss war.
Angekommen in Iquitos waren wir geflasht, dass es mitten im Regenwald eine Stadt mit rund 400.000 Einwohnern gibt, die nur per Boot oder Flugzeug erreichbar ist. Von Iquitos aus begaben wir uns tiefer in das Amazonasgebiet und erkundeten von einer Lodge aus bei Tag und bei Nacht mit dem Einbaumboot und zu Fuß zusammen mit unserem Guide Raul die Umgebung. Ehrlich gesagt hat der Regenwald seinen Namen alle Ehre gemacht und wir waren die meiste Zeit im Regen unterwegs. Zudem hatten die Moskitos einen Heidenspaß an uns und scherten sich nicht um unser Spray – authentisch, so wie wir es wollten. Ha, ha. Vielleicht zu authentisch für uns. Doch die Lautstärke der Geräusche bei Nacht und die wunderschönen regenlosen Momente sowie die erheiternden Geschichten unseres Guides über menschenfressende Anakondas waren die Erfahrung im Dschungel wert.
Lima und die Wüste
Der nächste Stopp auf unserer Reise war Lima. Den Weg dorthin überbrückten wir mit dem Flugzeug: raus aus den Dschungel und ab in die Wüste. Tja, was soll man über Lima schreiben? Hauptstadt von Peru, wieder eine Millionen-Einwohner-Stadt (ca. acht Mio.). Ein totaler Kontrast zu dem bisher Gesehenen, hatten wir bisher Städte mit verschiedenartigen davor unbekannten Charakteren, war Lima eher sehr westlich angehaucht. Alle erdenklichen Fastfoodketten, eine riesige Mall usw. – erstmal seltsam. Durch eine der frei angebotenen Walkingtouren bekamen wir einen Überblick über die Viertel Miraflores, das Künstlerviertel Barranco und die Altstadt rund um den Plaza de Armas (Major). Besonders das Viertel Barranco hatte es uns angetan: Es ist verziert mit wunderschönen Graffitis und liefert zum Sonnenuntergang eine herrliche Kulisse an der pazifischen Steilküste.
Von Lima aus ging es weiter Richtung Süden nach Huacachina in die Wüstenoase. Wir hatten ja keine Vorstellung, wie hoch Sandberge sein können. Da ist die Dune de Pilat in Frankreich ein Sandhäufchen dagegen. Imposant, wie sich die Sandberge um die Oase schlängeln und wie anstrengend es sein kann, wenn man sie erklimmen will. Viel einfacher und bedeutend mehr Spaß macht es mit den selbst zusammen gebastelten Sandbuggies und einem verrückt gewordenen Fahrer, die Sandwellen wie bei einer Achterbahnfahrt auf- und abzuschießen. Außer Sand, Sonne und Pools bietet die Oase nicht viel – also genau der richtige Ort um zu entspannen. Wir sind ja schließlich im Urlaub. ☺
Arequipa und der Colca Canyon
Genug Wüste! Auf geht’s wieder in die Höhe. Rein in den Nachtbus und über die Serpentinen hoch in die Anden nach Arequipa, auch die „weiße Stadt“ genannt. Wieso die „weiße Stadt“? Uns wurde erklärt, dass es weniger mit der Architektur als mit den spanischen Einwanderern zu tun hatte, die sich hier niedergelassen hatten und dadurch der Stadt diesen Namen einbrachten. Total geschlaucht von der Busfahrt begaben wir uns erst einmal in eines der zahlreichen Cafés am Plaza vor der Kathedrale im historischen Zentrum mit einer herrlichen kolonialen Architektur. Hier frühstückten wir auf dem Platz auf einer der umlaufenden Terrassen.
„Was machen wir nun hier?“ Wir hörten, dass es in der Umgebung einer der tiefsten Canyons, den „König der Lüfte“, geben sollte. Also buchten wir eine Tour zum Colca Canyon. Ein mit den typischen Terrassen durchzogenen, ehemaligen Kornspeicher der Inkas. Hier hat ja auch irgendwie alles mit den Inkas zu tun. Der Colca Canyon ist laut verschiedensten Quellen (je nach dem, ob vom Rand oder den höchsten Gipfeln gemessen) mit 1.200 m bis ca. 3.260 m der zweit tiefste Canyon der Welt. Aber nicht nur seine Maße sind beeindruckend, auch die Landschaft und die dampfenden Vulkane in der Umgebung sind äußerst sehenswert. Um den „König der Lüfte“, den Andenkondor, im Canyon beobachten zu können, heißt es: früh aufstehen! Um sechs Uhr morgens begaben wir uns per Bus und später per Fahrrad zu den verschiedensten Aussichtspunkten und sahen den majestätischen Vogel vom Fuße des Canyons aufsteigen.
Zurück in Arequipa machten wir uns dann wieder auf den Rückweg, wieder mit dem Nachtbus.
Machu Picchu
Natürlich durfte Machu Picchu auf unserer Reise nicht fehlen. Der Ausgangspunkt dafür ist die geschichtsträchtige, auf 3.400 m liegende, wunderschöne ehemalige Inka-Hauptstadt Cusco. Das einzige, das die Schönheit der Stadt etwas mindert, sind die vielen „Geschäftsleute“, die einem von Massagen über Bilder und Souvenirs jeglicher Art an allen Straßenecken etwas andrehen wollen.
Wie kommen wir nun nach Machu Picchu?! Der Touristenzug, der direkt am Fuße der alten Inkastätte hält, war uns mit Preisen zwischen 100 und 200 Dollar für zwei Stunden Zugfahrt schlichtweg zu teuer. So erkundigten wir uns nach Alternativen und wurden fündig: Ein Colectivo, ein 20-Sitzer-Bus, der uns in einer sieben-stündigen Fahrt durch das Sacred Valley und abenteuerlichen Serpentinenstraßen in die Nähe unseres Ziels nach Hidroelectrica bringt. Von dort legten wir die letzten Kilometer in einer zwei-stündigen Wanderung entlang der Bahnstrecke im Tal des Urubamba Flusses zurück. Geschlagene neun Stunden später erreichten wir den Ausgangspunkt für den nächsten Tag: das unspektakuläre Touristenstädtchen Aguascalientes.
Von dort starteten wir am nächsten Morgen unseren einstündigen Aufstieg. Durch einen vermeintlichen Geheimtipp starteten wir unsere Tour am nächsten Morgen um kurz vor fünf Uhr, um abseits der Touri-Massen ein, zwei Fotos von Machu Picchu schießen zu können. Da die Busse, die direkt bis auf einen Parkplatz vor die Haustüre fahren, angeblich erst um sechs Uhr starten. Guten Mutes und nicht ganz alleine traten wir früh morgens unseren Fußmarsch auf den in die Felsen gemeißelten Inkapfad 400 Höhenmeter bergauf an. Als wäre der frühmorgendliche Sport nicht schon anstrengend genug, mussten wir mit Entsetzen um ca. 5:30 Uhr feststellen – als wir die ersten drei Busse an uns vorbeirauschen hörten – dass der Tipp eine Blase war, die gerade laut zerplatze. Kurz vor sechs Uhr erreichten wir den Eingang – leider nicht als einer der ersten Besucher.
Aber was wir dann sahen, entschädigte alles – einfach nur beeindruckend: Machu Picchu endlich. Wem fällt nur die Schwachsinnsidee ein, an einem so verlassenen, abgelegenen und schwer erreichbaren Ort auf einem Bergrücken zwischen Anden und Dschungel eine kleine Stadt zu errichten? Ein Einheimischer meinte spaßig „da war zu viel Koka und hochprozentiges Chicha im Spiel“. Doch bei näherer Betrachtung haben sich die Erbauer schon etwas dabei gedacht und alle möglichen Kniffe und Tricks versteckt. Die angelegten Terrassen verteilt über den Berghang mit verschiedenen Klimazonen ermöglichen den Anbau von zahlreichen und verschiedensten Gemüse- und Fruchtsorten, ein Kanalsystem versorgte die ganze Stadt mit fließenden Wasser und ein Sonnenstein in einem der Tempel wurde nach den Achsen bestimmter in der Umgebung liegender Heiligerberge ausgerichtet. Tja, doch keine Schwachsinnsidee, wenn sich so ein Paradies erschaffen lässt. Überwältigend! Und das alles mit einfachsten Mitteln vor rund 600 Jahren. Einfach Klasse…
So beeindruckend kann die Reise weitergehen. Es stehen noch einige Highlights an, von farbigen Bergen und auf hoher See – aber nicht am Pazifik.
To be continued …. im nächsten Bericht…
>> Wer schreibt hier? Hallo! Wir sind Christina und Nikolaus, beide geboren und aufgewachsen im Bayerischen Wald. Mit beiden Beinen im Leben und seit vier Jahren in München. Ich, Nikolaus, arbeite seit fast drei Jahren für/bei der OTEC als Projektsteuerer in der Bauabteilung und durfte in dieser Zeit das Werksviertel mitgestalten. Aber in den nächsten drei Monaten nehme ich meine Freundin und euch mit auf eine Reise. Eine Reise nach Südamerika entlang der Panamericana.
>> Was bisher geschah: http://www.werksviertel-mitte.de/2017/10/27/siedler-reisen-um-die-welt-kolumbien-amazonas/