Am 24. Februar fand im Atelier von Martin Rosenthal im WERK3 ein Neujahrsempfang zum Thema Inklusion des wenige Tage zuvor gegründeten Vereins „Impulsion – Netzwerk inklusiver Kunst und Kultur“ statt.
Vorstand, Gründungsmitglieder und Freunde hatten sich getroffen, um Ideen auszutauschen und sich näher kennen zu lernen.
Inklusion, als Begriff der Sozialwissenschaften entstand wohl bereits in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg und zieht sich von Niklas Luhmann bis zu Michel Foucault, um Vertreter gegensätzlicher Ansätze zu nennen. Seit 2006, als die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft trat, wird der Begriff Inklusion eng mit der Situation behinderter Menschen verbunden. Grundsätzlich verhält sich aber Soziale Inklusion in ihrer steten Dialektik ebenso auch zu Exklusionen vom Arbeitsmarkt. Soziale und räumliche Isolierung, alle gesellschaftlichen Phänomene, die in der Ungleichheitsforschung entdeckt werden, gehören hierher. Ebenso erfasst der heute viel zitierte Begriff der Teilhabe nicht nur jene an der Kultur, sondern auch die am Wohlstand.
Dem frisch gewählten Vorstand, bestehend aus Angelica Fell (Freie Bühne München), Sara Mack (Kulturagentur freispiel) und Lorenz Seib (TamS Theater) mit den Beiräten Maximilian Dorner (Kulturreferat München) und Simone Rünagel (Bezirk Oberbayern) ist das klar.
Es geht in den Begriffen „inklusiver Kunst und Kultur“ nicht um eine staatlich-pastorale Nischeneinrichtung für Menschen mit Behinderung, das wäre nichts als eine weitere Exklusion, sondern um das kreative Neben- und Miteinander aller möglichen Menschen. So gesehen wird Inklusion als gewünschte Vollendung eines integrativen Prozesses gesehen. Im Projektpapier des Vereins, der dieser Tage auch die Gemeinnützigkeit anstrebt, um auch gefördert werden zu können liest sich das so: “ Kunst und Kultur wird bereichert durch die aktive und passive, gleichberechtigte Teilhabe von möglichst unterschiedlichen Menschen, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, Bildung, Weltanschauung, Alter, sexueller Identität und insbesondere von körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderungen.“ Großes Wunschziel von Angelica Fell ist ein eigenes Haus der inklusiven Kultur. Regisseure wie Volker Castorf von der Volksbühne Berlin, der seit 30 Jahren wahrscheinlich innovativsten Bühne Deutschlands, und Christoph Schlingensief haben immer wieder mit Menschen mit Behinderung gearbeitet, ebenso mit Obdachlosen.
Die Münchner Performance-Künstlerin Dorothea Seror führte 2010 „abArt im Spagat“, ihre Version des Balletts Schwanensee mit Akteuren mit „besonderen Körpern“ (Regie Sonja Bertold) auf. Aktuell sei darauf hingewiesen, dass das TamS ab dem 30. März sein bereits 8. Inklusives Theaterfestival durchführt. Gründungsmitglied Susanne Plassmann und Maximilian Dorner waren im Volkstheater in „Suzie Diamonds und Käptn Wheelchair retten die Nacht“ zu sehen gewesen und Jana Zöll, die kleinwüchsige und äußerst erfolgreiche Schauspielerin („Wut“, Elfriede Jelinek, „Der Kaufmann von Venedig“) war extra angereist aus Darmstadt, wo sie am Staatstheater ein Festengagement hat.
Bleibt zu erwähnen, dass Schreiber dieser Zeilen letztes Jahr im Juli im Haus Muca auf dem Gelände Dachauer Straße ein Stück (Regie: Claus Peter Seifert) mit dem Titel „Aftermath“ herausbrachte, in dem der fulminante Erwin Aljukic die Hauptrolle hatte. Er hat die Glasknochenkrankheit. Als Gäste außerdem die Gründungsmitglieder Barbara Dickmann (Ehemals Leitung des ZD-Journals Mona Lisa), Randi Valerien (Witwe von Harry Valerien) und Großmutter eines Enkels mit Down Syndrom, Cora Halder, Gründerin des Down-Syndrom-Info-Centers im fränkischen Lauf und Lucy Wilke von „blind&lame“. Eine ganze Menge Leute, die soziale Inklusion voran bringen.
Was ist soziale Inklusion nochmal? Nein, es ist weder eine Politik der Gesundheit, noch der Krankheit und es ist auch keine Politik des Körpers, der Biopolitik. Es ist, soll sein, ein Impuls Ungleichheiten kreativ, spielerisch, frei zu überbrücken. Dass besondere Menschen für diese Arbeit einen Kristallisationspunkt, ein Medium bilden, liegt in der Natur der Sache. Das ist vielleicht die einzige Natur, um die es hier geht. Das Andere ist Kultur. So wie der Philosoph Michel Foucault sagte, der Wahnsinn ist nur das Andere der Vernunft.