Die Container-City des Eckparks geht ihrer Fertigstellung entgegen. In den letzten Tagen kamen noch diejenigen Container dazu, die auf der Südseite die Plaza vor dem Werk 3 begrenzen und optisch einen Abschluss bilden. Mit dieser Linie zieht sich die zukünftige Container-City, ausgehend von ihrem Stammplatz, längs der Friedenstraße, hinein bis in die Mitte des Geländes. Ein Anlass für unseren Interviewpartner Dominik Buhl von pfarré lighting design die ersten Elemente, leuchtende Wasserbehälter, in diesem Bereich erstmalig zu positionieren.
Die bisherige Lichtgestaltung des Feier-Geländes Kultfabrik ließ aus verschiedenen Gründen ein durchgängiges Konzept vermissen. Zum einen ging es aus Sicht der Verwaltung um Sicherheit und einfach um das Aufhellen der dunklen Passagen. Zum anderen überboten sich die Betreiber mit „grell-nervös-hell“ auf verschieden buntem Untergrund und Moving Lights. Wie man anhand der vielfach prämierten Konzepte von pfarré lighting design sehen kann, steht heute die belebende Frische ruhig flutenden Lichts im Vordergrund. Wie reagiert also ihr Konzept auf dieses Gelände mit seinen wechselnden Höhen, Achsen, Vorsprüngen, Kanten, einem Labyrinth von Schlagschatten? Wie bringt man da die Ruhe herein?
Dominik Buhl: Im Grunde sprechen wir hier von zwei unterschiedlichen Beleuchtungskonzepten für das Gelände. Das Interimskonzept, welches gerade bereits in Teilen verwirklicht wird, umfasst die Beleuchtung des neu entstandenen Eckparks / der Container-City und der Bereiche um WERK3 herum. Darüber hinaus haben wir einen Masterplan für die Beleuchtung des gesamten Werksviertels erarbeitet, der Schritt für Schritt mit den realisierten Bauten umgesetzt werden und langfristig das gesamte Gelände umspannen soll. Wenn wir mit unseren Entwürfen für die Beleuchtung urbaner Räume beginnen, folgen wir stets dem Ansatz, die Architekturen in ihrem Wesen zu unterstützen. Wir fügen mit Licht und Schatten zusätzliche Wahrnehmungsebenen hinzu. Die Architektur und Gebäudeteile sollen in den Abend- und Nachtstunden zur Geltung gebracht und innerhalb des Stadtraums zu einem stimmigen Gesamterscheinungsbild zusammengefügt werden. Das kann je nach gebautem Eingriff unterschiedlichste Formen annehmen. In unserem Fall bietet sich mit dem Werksviertel auf dem Gelände der ehemaligen Pfanni-Werke ein höchst komplexes, aus unterschiedlichen Zeiten und Funktionen gewachsenes Gebilde aus Altem und Neuem, Geplantem und Improvisiertem.
Damit dieses Konglomerat trotz der enormen Heterogenität als ein Ganzes wahrgenommen werden kann, bedarf es zum einen einer ruhigen Grundlage und zum anderen eines verbindenden Elements, das auch am Abend erlebbar ist. Die Grundlage im Bereich des WERK3 bildet eine Art Lichtteppich, der die Besucher empfängt und leitet. Erzeugt wird dieser von blendungsbegrenzten Leuchten, welche an die Vordächer und die Decken innerhalb der Passage montiert werden. Zusätzlich werden Teile der Fassade von WERK3 behutsam von LED-Fassadenflutern beleuchtet. Spezielle Linsen und Blendschutz-Elemente garantieren dabei eine gleichmäßige, für den Passanten blendfreie Aufhellung der Fassade. Dabei arbeiten wir nur mit wenig zusätzlichem Licht, gerade so viel, dass die Kubatur von WERK3 und dessen markante Farbgebung in Pfanni-Orange auch in den Abendstunden zur Wirkung kommt. Auf lange Sicht ist ein geländeübergreifendes System aus unterschiedlich hohen Masten und dazwischen gespannten Seilen geplant, an denen wiederum hohe zylindrische Seilleuchten die Grundbeleuchtung des Werksgeländes sicherstellen. Dieses netzartige Gespinst soll sich in Zukunft über das gesamte Gelände hinweg ausbreiten und so die unterschiedlichen Teile zu einem großen Ganzen verbinden.
Die Behälter aus milchig transparentem Material, die ja wohl industriell verwandt werden, bilden Lichtpunkte, die wohl am schönsten aus der Vogelperspektive aussehen dürften. Im Werksviertel kommt man ja mit dem Werk 3 und dem High Rise Hotel hoch hinauf. Wie wird das von oben aussehen? Wird es die Besucher verführen, sich nach oben zu orientieren. Luft, Leichtigkeit und Höhe über der Stadt sind ja sehr gefragte, luxuriös empfundene Werte.
Sicherlich werden die von Ihnen angesprochenen Behälter auch aus der Vogelperspektive ein interessantes Bild erzeugen und dem Gelände innerhalb des Quartiers eine übergreifende Identität geben. Der Kerngedanke des lichtplanerischen Entwurfs wurde aber maßgeblich aus der Fußgängerperspektive heraus gedacht und entwickelt. Gedanken wie die Schaffung eines attraktiven Zugangs in das Werksviertel und die Erzeugung einer hohen Aufenthaltsqualität für die Besucher sind dabei ebenso eingeflossen wie der Wunsch nach einer flexiblen Lösung, die auf unterschiedliche Nutzungsszenarien reagieren kann.
Das prägnanteste Element des Beleuchtungskonzepts bilden die erwähnten IBC-Container, welche aus ihrem Innern heraus mit LED-RGB-Technik sanft zum Leuchten gebracht werden. Die Farbe ist steuerbar, jedoch werden Farbveränderungen der Container nur übergreifend vorgenommen. Es soll bewusst nicht überinszeniert werden. Auf unterschiedlichen Höhen in der Container-City und auf dem Gelände verteilt, unterstreichen diese die gebaute Topographie, schaffen Orte und erzeugen spannende Blickbeziehungen während der Abend- und Nachtstunden. Durch die leuchtenden Kuben werden Passanten über den Eckpark in das Werksviertel geführt, die Lichtinszenierung macht neugierig und erweckt ein Gefühl des Besonderen. Mittelfristig werden zusätzlich höhere, turmähnliche Bauten entstehen, welche aus mehreren Behältern zusammengesetzt werden und so eine Vertikalität einführen, welche Bereiche größerer baulicher und funktionaler Dichte definieren. Auch die Zusammenarbeit mit Künstlern, welche die Türme als eine Art hinterleuchteter Leinwand nutzen könnten, wäre denkbar. Zusätzlich betonen kleine LED-Strahler mit warmweißer Lichtfarbe ausgewählte Graffiti-Arbeiten auf den Schiffscontainern sowie den umliegenden Gebäuden und lassen diese so in den Abend- und Nachtstunden zu einem erlebbaren Teil der Werksviertel-Geschichte werden.
Der Begriff Lichtarchitektur ist zwar modern, stammt aber aus dem Jahr 1926 und wurde geprägt von Joachim Teichmüller anlässlich einer Ausstellung des Lichttechnischen Instituts in Karlsruhe. Die Nationalsozialisten missbrauchten das Licht in pseudoreligiöser Symbolik, danach war die Lichtgestaltung geprägt von den Gesetzen der Leuchtreklamen. Bauwerke, auf die die Stadtverwaltung stolz war, wurden in ihren Kanten an ihren Vorsprüngen kontrastreich verstärkt. Das House-Mapping feierte die Möglichkeiten der großen Beamer und wirkte wiederum verwaschend, was sich auch im Begriff „Washing Lights“ findet. Wenn man die Umsetzungen von pfarré ligthing design auf sich Wirken lässt, so hat man den Eindruck Licht zu atmen. Eine Erholung im Kommerz?
Wer sich mit unseren Arbeiten befasst, dem fällt sicher auf, dass wir nur sehr sparsam und gezielt mit z.B. farbigem Licht arbeiten. Ich denke, auch hier geht es wie so oft um das richtige Verhältnis, anders gesagt um das richtige Maß. Der von Ihnen angesprochene Begriff Lichtarchitektur, wie er von Teichmüller eingeführt wurde, begreift den Einsatz von Kunstlicht als Werkzeug, mit dem die architektonischen Elemente des Gebäudes hervorgehoben und somit der architektonischen Ausdruck bestimmt werden kann. Das Architekturlicht hingegen beleuchtet Bauwerke gleichermaßen, d.h. ohne seine Charakteristika zu betonen. Beides kann an passender Stelle, im passenden Kontext der richtige Ansatz sein. Auch die mediale Inszenierung von Fassaden, ob temporär wie beim erwähnten „Projektionsmapping“ oder permanent wie z.B. in Form von Medienfassaden, hat seinen Platz und kann Mehrwert erzeugen, vorausgesetzt, es ist überlegt geplant und umgesetzt.
In der Tat beobachtet man aber vielerorts eine zunehmende Überinszenierung von Fassaden und sozialem Raum, in den Städten ebenso wie in ländlichen Gegenden. Oft meint dies den großflächigen Einsatz von farbigem Licht, teils sogar von dynamischen Farbverläufen. Aber auch zu hohe Beleuchtungsstärken sind ein großes Problem, da sie im schlimmsten Fall extreme Blendwirkung erzeugen und die Gefährdung von Passanten z.B. im Straßenverkehr zur Folge haben können. Grundsätzlich würden wir uns etwas mehr Feingefühl im Umgang mit dem Medium Licht wünschen. Es lässt sich auf relativ einfache Art und Weise sehr viel damit erreichen; genauso schnell kann aber die beste Abendszene durch eine falsche Beleuchtung zu einem abweisenden, hässlichen Ort werden.