U21, das junge Radio von BR-Klassik, feierte am 15. August, Christi Himmelfahrt, sein viertes Sommerfest auf dem Gelände, diesmal das erste Mal im Werksviertel. Ausgesucht hatte sich Redakteur Clemens Nikol zwei Proberäume der alten Welt der Kultfabrik im Heizkraftwerk hinter dem Werk 1 in östlicher Richtung. Dort, wo früher die Goa-Trance-Dancer des Natraj Tempel entschwebten, befinden sich seit einiger Zeit die Proberäume der Band Organ Explosion und der von Otto Schellinger. Rund um einen „Carl Maria von Weber-Grill“ und kühles Bier aus dem U21-Mini-Plantschbecken wurde eine zwei-stündige Sendung produziert, die mit ihren Musikeinspielungen aus den Proberäumen das Thema der Sendung umrahmte: Zur Zukunft der Proberäume im Werksviertel befragten die Moderatorinnen Anne Kathrin Schnur und Anna Novak Martina Taubenberger, die Geschäftsführerin der whitebox und Jürgen Enninger vom Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft und natürlich die Musiker.
Otto Schellinger, der für diese Sendung eine U21 Allstar-Band mit dem Boogiepianisten und bluesigen Südstaaten-Organisten Ludwig Seuss zusammengestellt hat, sucht vor dem Warm Up noch nach einem weiteren Strahler, um den schummrigen Proberaum etwas heller zu kriegen, was der Sicherungskasten aber nicht duldet. Nach kurzem Black Out geht es dennoch pünktlich los. Der ehemalige Bassist von Claudia Koreck spielt mit Manfred Mildenberger von Organ Explosion und Kollegen „Flaschensammler“ von seiner aktuellen Solo-CD „Zehn Kartons“. Indie-Pop mit deutschen Texten, lakonisch lässig, ein bisschen wie Kettcar. Der Titel „Zehn Kartons“ passte natürlich bestens zum Thema der Sendung. Häufiges Umziehen ist man ja gewohnt.
Besonderes Highlight, anschließend Maria Rui, die schon auf dem Klangfest, heuer im Gasteig, imponiert hatte. Die Portugiesin, die wie immer betont wird, Raumfahrttechnologie studierte, klingt gar nicht wesenlos wehmütig nach Fado, ihre Songs haben viel mehr vom Samba und gehen sehr dynamisch nach vorne. Nun war es an der Zeit ein paar Statements zur Situation der Übungsräume einzuholen. Martina Taubenberger konnte aktuell nichts versprechen, rief jedoch dazu auf, sich bei der whitebox zu melden, da derzeit ständig sich neue Möglichkeiten ergeben. Moderatorin Anna Novak fragte dann noch leicht beunruhigt, ob durch das neue Konzerthaus und sein Publikum das Werksviertel nicht zu Schicki-Micki würde. Selbstbewusst antwortete Martina Taubenberger, da sei die Crew der whitebox mit 24 angegliederten Künstlern und ihren Ateliers vor.
Jürgen Enninger bestätigte immerhin, dass die Situation in München für Proberäume in der Tat angespannt und schwierig sei und stellte die Aufgaben und Hilfestellungen seines Kompetenzteams dar.
Manfred Mildenberger, den Drummer von Organ Explosion, berührte die Sorge um die junge Szene weniger. Er fühle sich wohl, es wird ruhiger, gibt wieder Parkplätze und der Feierstress am Wochenende hat nachgelassen. Er freut sich auf ein weiteres Jahr, in dem gut arbeiten kann. Wenn sie raus müssen, wird er eine Nacht weinen und dann zehn Kartons packen. Wie Jürgen Enninger sagte, heißt Stadt Veränderung. Für Musiker ist das nichts Neues. Man muss nur richtig damit umgehen. Stimmt halt. Ein Übungsraum ist nun mal kein Modell der Altersvorsorge.