In einem Werkstattgespräch der Media Lab Bayern, Rosenheimer Straße 145, war Marco Maas, selbständiger Journalist in Hamburg seit 1999 und Geschäftsführer von OpenDataCity, über Datenjournalismus und Sensorjournalismus zu hören. Er erhöhte den digitalen Metadaten-Turm von Babel um einige Stockwerke, allerdings nicht ohne Hinweise zu smarter Fahrstuhlbenutzung zu hinterlassen, inklusive der Verschlüsselung des Zielorts.
Das Bild von der babylonischen Sprachverwirrung, dass man um das Labyrinth des Minotauros erweitern könnte, zeigt einen archaisch genuinen Grundimpuls des menschlichen Gehirns, seine Funktionsweise selbst vielleicht: Vervielfältigung, Verschlüsselung, Deutung. Und heute mit Hilfe der Maschinen-Exegese. Der Begriff Datenjournalismus oder genauer „data-driven-journalism“ gelangte ins öffentliche Bewusstesein, als der britische Guardian, ein Verfechter der neuen Open Data-Erzählweise, zusammen mit Wikileaks 2010 die so genannten Warlogs des Afghanistan-Kriegs auf einer interaktiv zugänglich Karte veröffentlichte. Ein öffentlich zugänglicher Datensatz gewährte fortan dem Leser eine interaktive Rechercheumgebung, um für sich seine eigene Geschichte zu schreiben (Datastorytelling).
Das setzt natürlich wirklich offene Open Data voraus, respektive das Vertrauen in den dienstleistenden Datenjournalisten, der ein bereits vorstrukturiertes Rohdatenmaterial vermittelt. Möglich ist das alles nur im Browser oder mittels App. Über Bewegungsprofile, die in Verbindung mit Google, Smartphone über Rooter und Wlan erstellt werden produziert jeder Mensch bekannter Weise turmhohe Datensätze. Und auch mit der Einführung von Mess-Sensoren, die typischerweise in Fragen von Umweltbelastungen Anwendung finden, entstehen ebenso unaufhörlich öffentlich zugängliche Metadaten, die möglicherweise auch „Everyblock“, straßenweise, eingelesen werden können.
Das Sensoren-Thema. Marco Maas erklärte am Beispiel seiner Wohnung, seines Smarthome, mit 118 Sensoren, die täglich 600 MB produzieren, Fragen des Sensorenjournalismus. Wie entwickelt sich der Datenschutz, welche Informationen gelangen an welche Firmen, wie angreifbar ist so eine Wohnung, von wem wird man getracked. Bewegungsmelder für intelligentes Licht, CO2-Sensoren für schlechte Luft, Spiegelschränke im Bad, die ihr Gegenüber erkennen und den richtigen Nachrichten-Mix einspielen, smarte Waagen, die neben dem Gewicht auch das Wetter vorhersagen oder sprachgesteuerte Beauties wie „Alexa“ (Amazon), Nachfolgerin von „Siri“, die auf das Anbieten von Convenience-Produkte gedrillt sind, sich aber etwa die finale Markenauswahl selbst vorbehält zugunsten von Amazon-Lieferverträgen?
Wie ist so ein Smarthome zu schützen, wie leicht sind die einfachen Chips der smarten Helfer zu hacken und sei dies nur die intelligente Zahnbürste, die auch das Licht im Bad ausschalten und das Leselicht neben dem Bett anschalten kann? Der Rasierapparat, der vorausgesetzt, der Bluetooth im Handy ist zusätzlich aktiv, am Ende die Qualität der Rasur bewertet, meistens ist es die perfekte? Wie lässt sich diese Wohnung der Zukunft schützen, ohne dass man einen eigenen Server einbauen muss oder wie entstehen Probleme der sozialen Ungleichheit gegenüber Menschen, die in analogen Hütten hausen und noch nicht mit ihrem Salat reden? Fragen des Sensorenjournalismus, wie sie Marco Maas witzig und profund vermittelte.
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