Die Vorband Havok spielt bereits, als immer noch Massen von Metallern anstehen, um zu Megadeth, absoluter Kultband und einer der Big Four neben Metallica, Anthrax und Slayer, ins Innere der kochenden TonHalle zu kommen. Die Türen sind offen und die Schuttberge gegenüber, auf dem Platz, wo das neue Konzerthaus entstehen wird, geben, so gesehen, ein schönes Bild zu der Zerstörungskraft des Thrash Metal ab. Geduldige Fans. Viele Motörhead-Shirts. Und auf manchen steht: Don´t wash ist. Witzig ein anderes: „Helene Fischer Ultras“. Isländische Bärte, beschlagene Motorcycle-Boots und 3/4-Shorts Marke Trooper Legend, zum Biken möglicherweise weniger geeignet. Aber der Brand, das Schmelzen, der Hochofen sind Icons des Metal. Drinnen brüllt David Sanchez von den Vier aus Denver, Colorado die Masse in Richtung Megadeth-Betriebstemperatur. Bei Havok dürfte es sich um lupenreine Dresche (Thrash) handeln, der Drummer, der hinter einer für den Hauptact reservierten schwarzen Wand kaum zu sehen ist, donnert Double-Bass-Sequenzen in High Speed derartig schnell heraus, dass einen Tick mehr nur noch ein Dauerbrummen übrig bliebe.
Ein mächtiges Trommel-Flimmern am Rande des Exitus. Grußlos dreht sich die ganze rhythmische Belagerungsmaschine dann um und tanzt eine Death-Polka-Version. „From the Cradle To The Grave“. Schon jetzt balancieren nasse Gastro-Mitarbeiter pausenlos Becher-Nachschub zu den Tränken. Der Boden für Dave Mustaine ist bereitet. David Sanchez verabschiedet sich mit dem Schlachtruf: „Fuck the Power, fuck the Control“. Zweitausend Devil Horns stechen in die Höhe. Der Umbau enthüllt mit der Zeit so etwas wie einen schwarzen Raumkreuzer, in dessen Mitte ein massives Drumkit steht. Langsam ungeduldige Fans machen sich einen Spaß daraus, mit ihren Bechern auf die Becken zu zielen. Die ersten Zeichen für das Erstehen von Mustaines „Dystopia“ mehren sich, Taschenlampen morsen von der Bühne, der Monitormischer nimmt Platz. Black out, es geht los. Aus dem Metal-Kreuzer Marke Galaktika leuchten mehrere Screens über die gesamte Breite der Bühne.
Man sieht Kräne, die Gebäude herausreißen und in lodernder Metallschmelze versenken, das Zeichen für Radioaktivität pumpt, es herrscht Zero Threat. „The Threat Is Real“ ist von der neuen Platte – Langeisen wie der Meteller sagt – und signalisiert eindrücklich die Rückkehr zu den Qualitäten des Ur-Metal. „Rust In Peace“. „Hangar 18“ und „Holy Wars…The Punishment Due“ machen stilistische Versuche jenseits des Metal-Reinheitsgebot vergessen. Gitarrensoli schrauben sich ätzend scharf aus dem harmonischen Gefüge heraus, David Ellefson an der zweiten „Streitaxt“ brilliert. Double-Bass alteriert mit mörderischen Septolengewittern, die mit Laserpräzision am Licht begleitet werden. Zweifellos ein Gesamtkunstwerk. Eine überragende Lightshow mit Verzicht auf klatschige Farbensoße und ein Bühnenschiff aus den Weiten des Alls, dass uns begeisternd tödliche Comics mitlieferte, bildeten den noblen Rahmen für die Wiedergeburt von Dave Mustaine in Frankensteinscher Größe.