New Wave-Retro-Trip im Technikum mit Nik Kershaw am Sonntag, 7. Mai: Der Song “I Won´t Let the Sun Go Down on Me” war 1983 der Kickstarter für die Karriere von Nik Kershaw. Mit seinem Look und seinem Posing war der leicht cool-blasierte Youngster für die junge, selbstbewusste Live-Style-Generation des ökonomischen 80er-Resets ikonischer als Duran Duran, auch wenn die ihre Gitarren und Bässe bis unters Knie durchhängen lassen konnten. (Vielleicht ist ja so der Shoe-Gazer-Sound entstanden.)
Nik, the Kickstarter, war jedenfalls kurz darauf mit seinem Top 5-Album „Human Racing“ dancing on top of the world. Der Funk-Jazz-Guitarist aus Bristol war wie aus einer Zeitschleife herausgeschossen zu einem maßgeblichen Avatar des hedonistischen Lebensgefühls geworden, nur noch überboten vom roten BH von Annie Lenox, ums mal pop-kulturalistisch zu sagen.
Heute kommt er, vielbejubelt von seinem Publikum im bestuhlten Technikum, seriös wirkend, eher wie ein Unternehmensberater, auf die Bühne. Er spielt die Hits aus dem Kickstarter-Jahrzehnt von den Alben „Human Racing“, „The Riddle“ und „Radio Musicola“.
In den wenigen Interviews, die es mit ihm gibt, macht er nicht großartig von sich her, im Gegenteil: Im Magazin „Retropop“ bekennt er ganz entspannt, „those songs are my pension“. Und die in den 80er Jahren einsetzende Welle der Retromania spült eben weiterhin und regelmäßig Geld aufs Konto. Ist halt so. Was aber nicht heißt, dass Nik Kershaw nicht auch zu großen Events eingeladen wird, wie zur „Night of the Proms“ in 2022.
Vorher aber noch Seb Wesson. Er präsentiert Songs seiner CD „The Man From The Moon“, die gerade auch in Deutschland erschienen ist. In „Fire“ spürt man den Einfluss von Elliot Smith, Damien Rice und Tom Petty. Unprätentiöse Lebensgeschichten mit gutem Guitar-Finger-Picking und dem für Country oftmals typischen Abfallen der Stimm-Intonation an den Stellen, wo der Text die Fährnisse des Lebens streift. Ziemlich klug: Seb Wesson, der Liedermacher, der scheinbar gerade aus einem Pub gekommen ist und auf der Bühne seine Wolljacke auszieht und nach hinten schmeißt mit der Bemerkung „It´s warm in Munich“. – Irgendwie verdeutlicht dieser „Support“ sanft und schön den Gang der Zeit, die auch über seinen „Chef“, Nik Kershaw hinweggeht -, der jetzt dran ist und gleich noch einmal die Kuh fliegen lässt.
Mit „Come on Down“, „Radio Musicola“ „Wide Boy“, „The Riddle“ „Would it Be Good”, spannt sich ein schillernder Bogen auf aus der 80er- Poser- Zeit mit Legenden, die den Filmen „Fame (1980), „Chorus Line” (1985) und „Dirty Dancing“ (1987) entsprungen scheinen, als wir cool wie Patrick Swayze den ersten Whisky Sour bestellten.
Mit Adam Evans (guitar), Bob Knight (drums), Paul Geary (bass) und Phil Peskett hat Nik Kershaw vier sehr coole zuverlässige Cats am Start.
Und richtige Juwelen sind dabei in dieser farbigen Zeitgirlande: Adam Evans verewigt mit funkensprühend glimmenden Entladungen seiner E-Gitarre „Somebody Loves You“ in einem Solo-Outro. Very sexy.
Klar, und wie kann´s anders sein: Am Schluss natürlich: „I Won´t let Go Down the Sun on Me”. Und? Mission Impossible? – Für diesen Abend auf jeden Fall wieder erfolgreich!