Der Quatsch Comedy Club feiert nächstes Jahr sein 30-jähriges Bestehen. Seit Januar letzten Jahres ist die NachtKantine im Werksviertel-Mitte Münchner Dependance. Immer freitags und samstags lief dort bis jetzt im Stop-and-go-Rhythmus der verschiedensten Lockdowns vor allem das beliebte Kürprogramm für Nachwuchs-Comedians, der „Quatsch Comedy Hot Shot“. Dreimal hintereinander treten dabei bis zu zehn freiwillige und unfreiwillige Komikambitionierte auf, um durch die Gunst des Publikums bis ins große Finale nach Berlin geklatscht zu werden. Ein Vorbild: Ilka Bessin. Gelernte Köchin der Großküche im VEB Wälzlagerwerk Luckenwalde, siegte im Jahresfinale 2005. Das wurde Cindy aus Marzahn.
Diesmal wird rein männlich um die Gunst des Publikums gewitzelt
Um Bühnenträume geht es auch, als Sandra Steffl im knappen Goldfarbenen auf die Freilichtbühne am Knödelplatz springt. Im Gepäck hat sie Thomas Hermanns, den Gründer und guten Geist des ganzen schönen Quatschs, mit auf die Bühne gerissen. Ab September wird sie das beliebte Lachlabel auch wieder in der NachtKantine moderieren. Diesmal stellen sich sechs männliche Aspiranten dem „strengen, aber gerechten Urteil“ des Publikums.
©URKERN2021 / Michael Wüst
Man bedauert, dass sich keine Vetreterinnen des weiblichen Geschlechts gemeldet hatten. Das wird sich sicher ändern! In jeweils sechs Minuten haben die per Los ausgesuchten Krönungen der Schöpfung nun Zeit, dem Publikum das Zwerchfell zu kitzeln, dann beendet ein Jingle die Performance. Sandra Steffl, nicht nur aus München, sondern gewissermaßen noch „echter“, aus Giesing, stellt alle Nachwuchs-Comedians vor, dann geht es los.
Eine lächerliche Figur oder ein Makel alleine genügen nicht, man muss schon drüber stehen
Benzetti trägt ein knappes Hemd, nicht tailliert wie anno dazumal der Bundestrainer, über der Hose. Über dem hervortretenden Nabel sitzt genau ein Knopf, um den sich im Stoff ein Stern bildet. Der Türke aus Stuttgart hat sich seine Beschneidung ausgesucht, um damit zu punkten. „Isch ja rammelvoll, wie letztes Mal bei meiner Beschneidung.“ Enden wollendes Gelächter. Eine kleine Homestory folgt über den Großvater, der Schneewittchens Gang Bang zurück geben soll. Aus irgendwelchen Gründen hat er auch eine hohe Stimme. Bitte jetzt nicht wieder die Beschneidung! Doch, sie kommt!
Max Oswald ist aus Giesing, kann aber auch deutsch, sagt er. Es fängt leicht an zu tröpfeln, und er macht gleich einen Punkt. „Wenn ihr im Regen sitzen bleibt, damit man euch Witze erzählt, dann müsst ihr das ganz schön nötig haben.“ Mit misslungenem Sex versucht er es auch. Er hat nämlich auch schon Männern hinterhergepfiffen – nein hinterhergebrüllt! „Hey Schnucki, dein Arsch! Kannst du mir wenigstens einen getragenen Socken schicken!“ Das kommt sehr gut. Und als Resümee auch nicht verkehrt. „Wenn ein Auge lacht und eins weint, ist wahrscheinlich eins entzündet.“
Keine Witze machen und trotzdem komisch sein
Michael Mauder kommt aus Sendling, macht eigentlich keine Witze und ist trotzdem irgendwie komisch. Er kommt raus und spricht von der harten Zeit, die hinter uns allen liegt. Er war viel am Handy. Das ist schon arg in seiner Armut. Er hätte eigentlich etwas vorbereiten sollen und macht einfach eine unerträglich lange Pause, in der er: nichts macht. Dann erzählt er einen Witz über Isländer. Absurd.
Serdar Karibik kommt aus Stuttgart und hat einen dunklen, dichten Bart. Raten Sie doch mal, wer in der Familie den dunkelsten Bart hat? Die Großmutter! Du okeh! Serdar Karibik hat auch keinen Hals. Weil, wenn er den obersten Knopf zumacht, sieht er nichts mehr. Weiter geht’s mit Mathias Albus, der arbeitssuchend, aber trotzdem ohne Perspektive ist. Er hat ein mieses Zeitgefühl und außerdem ein Autoritätsproblem. Er wird einfach bis zum Schluss reden, und wenn der Jingle ihm den besten Gag abwürgt, ist es ihm gleich. Das alles ohne Gestik, Mimik, ein wirklicher Anti-Entertainer. Er ist auch kein Klimaschädling. Er ist oft S-Bahn gefahren. Da hat er sich gedacht: Go Klimawandel. Hol sie dir alle! Er kifft: High Days no Future. Dann erzählt er noch etwas von sechs verschiedenen Arten von Nashörnern. Zum Abschluss kommt Mathias Ziegler aus Saarbrücken, der das Publikum mit seinem Figurproblem zu unterhalten versucht, und mit dem seltsamen Ansatz, dass dumm besser sei als Inzest. Bevor wir noch länger überlegen, was das genau mit dem Saarland zu tun habe, erlöst uns der Jingle.
Da sollte es aber bitte heuer noch weitere Witz-Ausscheidungen geben
Lautstärke-Messgeräte oder Phonmeter kommen jetzt zum Einsatz, auf der Bühne und gegenüber. Sandra Steffl fordert zum strengen aber gerechten Applaus auf, was erst nicht so recht klappt, weil alle den Regenschirm aufgespannt hatten. Passt aber irgendwie gut. Aber dann ist klar: 1. Mathias Albus, 2. Max Oswalt, 3. Michael Mauder. Glückwunsch.