Wahrscheinlich endete nun dieser lange Sommer am Freitag, 13. Oktober. Die Leute genossen letzte laue Lüfte, im Riederstein schepperten Bierkrüge und die Straßen im Münchner Klein-Babylon des Werksviertels waren voll. Ein guter Termin auch für „The Sophisticated Orchestra“ im Rahmen der Reihe SoundWERK7 im WERK7 theater.
Der Aufforderung zum Schwofen waren auch Paare in Charleston-Kleidern und Knickerbockern mit Schirmmütze gefolgt. Oksana Pavlova von der Tanzschule SWING AND THE CITY wiederholte zu Beginn mit den Schwof-Willigen Schrittkombinationen und Tanzfiguren der „Roaring Twenties“. Mit „Cross-Back-Side-Force“, „Touch-Step-Touch-Step“ und dazwischen Hüftkreisen “Messin´ around” sollte man einen Onestep, Shimmy oder Schieber schon ganz gut hinkriegen. Meisterliche Variationen von Jitterbug und Lindy-Hop zeigten dann später Oksana Pavlova und ihre Profis von SWING AND THE CITY mit Bandbegleitung.
Mit „Coucou, mon coeur vous invite/coucou, il faut nous aimer” aus dem wunderbaren Song des Django Reinhardt-Quintetts eröffnet Sanges-Diva Karolina Trybala den swingenden Reigen der fabelhaften Instrumentalisten des Sophisticated Orchestra. Im folgenden Titel stellt sich mit „Verzeihen Sie meine Dame, Richard Klehrfeld ist mein Name und ich liebe Sie“ der Sänger und Moderator gleichen Namens vor, der in schnoddriger deutscher Haltung eine Dame zum „Sonntagskuss“ auffordert.
Etwas extravaganter geht es dann Björn Christian Kuhn an, der möchte gleich das Badewasser der Angebeteten schlürfen. (Er würde auch „ihre Steuern zahlen, für einen Kuss auf ihre Sohlen“) Grundlage ist der amerikanische Swingtitel „Whispering“, bei dessen Thema dieser etwas ausgeglühte Gentleman, der seine Steifheit in der ganzen Haltung mit seinen erotischen Fantasien delikat zu verbinden weiß, auch seine Trompete auspackt und erwartungsgemäß abliefert.
In dieser Kombination zweier wohlerzogener Herren mit leichten Macken und dem erotischen Diven-Zentrum zwischen ihnen schweift man, „schwoft“ man souverän durch die Swing-Literatur. „Ich küsse ihre Hand, Madame“, ein leichter Cha-Cha, ein schöner Verlierer-Tango über den kleinen Leutnant, der zum schönen Gigolo absteigt und dem nichts als zu tanzen bleibt, „Bei mir biste scheijn“ mit hochseufzender Klarinette („Herr Netz“) und „Ich weiß nicht zu wem ich gehöre“ von Friedrich Hollaender mit tollem Bass-Solo („Sir Holley). Amerikanische Hits wie „Puttin at the Ritz“, „I got rhythm“, “Caravan” gehen gut ab mit straighten Saxophon-Trompete-Sätzen.
Karolina Trybalas Highlight ist ein jüdischer Tango aus New York, “I love you much too much” (“Ikh hob dikh tsu fil lib”). Nach der wunderbaren Trauer dieses Songs heißt es aber am Schluss doch wieder „It don´t mean a thing, if it ain´t got that swing“ und jetzt füllt sich die Tanzfläche.
Das nächste Mal „The Sophisticated Orchestra“ am 19.Januar 2023 im WERK7 theater. Macht Freude!