Der Titel der Ausstellung „Art gets you nowHere“, der schon auftauchte bei früheren Landart-Happenings des Künstlers, besagt ausformuliert: Art doesn´t get you nowhere, but now and here. In der Tat bekräftigt Behrend Peters damit seine Verweigerung, aus älterer Kunst herleitbar zu sein, noch mag er sich den avantgardistischen Gestus unterstellen lassen, er propagierte eine neue ästhetische Verrätselung. Gleichwohl weiß er allerdings auch, dass der warenästhetische Verwertungsmechanismus des Kunstbetriebs, spätestens seit Duchamp genug Erfahrungen gesammelt hat, selbst größten Schelmen-Nihilismus zur Konsumtion zu bringen. Er schweigt vorwiegend. Er hat durchaus von einer Macht, die stets verneint.
Manchen Bereichen der Kunst ist ja zuträglich, zu schweigen, worüber nicht zu reden ist. Vergessen sollte man aber nicht, dass Wittgenstein mit seinem berühmten Satz, der hier eingearbeitet ist, auch insinuierte, dass es ein Schweigen über etwas gibt, im Gegensatz zu einem Schweigen von etwas.
Und hier sind wir auch schon nach kleiner equilibristischer Spracheinlage: Die Arbeiten stehen zueinander und zu wem es gefällt, sich in ihr Gesichtsfeld zu stellen, in beredtem Schweigen. Das tun zugegebener Weise andere Kunstwerke auch, aber zwei Charakteristika zeichnen doch Behrend Peters Arbeiten besonders aus:
Sie sind streng hermetisch, obwohl es in ihnen sichtbar wuchert, anti-abstrakt und vollkommen ungegenständlich.
Rätsel zum Nachfühlen
Dazu konfrontiert diese Ausstellung zwei verschiedene Arbeitsweisen, zwei verschiedene Handwerksweisen miteinander, innerhalb deren so etwas wie eine Hermeneutik des Materials spürbar ist, immer aber unter einem unweigerlich sich aufbauenden Verschluss der Information.
Die schweren Wachsbilder in starken Farben stehen neuen zarten Monotypien gegenüber. Die Exponate beider Techniken, in ihrer Wirkung metaphorisch mit gleichwohl wiedererlangter Physis, attraktiv trotz entropischer Unzugänglichkeit, wirken wie Schlüssel füreinander. Vor allem die zarten Monotypien auf transparentem Papier, rhizomatische Schlingen, Auswachsungen, die meisten flächig, bis hin zu feinen Grashalmgebäuden, manchmal auch aus der Fläche als Bänder mit dem Gummispachtel hervorgezogen, geben einem in der Nähe der schweren Wachs-Relief-Bilder den Eindruck, als würden sie mit ihrem Rätsel das Rätsel der anderen erklären, nein besser: nachfühlbar machen.
Beide Arbeitsweisen bedienen sich der Petrochemie. Grundlage für die Wachsbilder (alle selbstverständlich ohne Titel) ist
Zäune von erkaltetem Wachs
Paraffin, das erhitzt flüssig wie Wasser wird und worin Behrend Peters Farben einrührt, gelegentlich auch lumineszierende. Mehrfach wird das Wachs aufgetragen in Gitterstrukturen. Es erkaltet, wieder wird aufgetragen. Nach vielen Schichten sind in den meist geometrischen Rastern sozusagen Zäune von erkaltetem Wachs entstanden, die in ihren Zwischenräumen ein Licht- und Schattenspiel zulassen. Die Hinter- und Untergründe zwischen den Demarkationen des Wachs provozieren Bilder, Assoziationen. Durch diese „bewegliche“ Räumlichkeit erlebt der Betrachter in sich das Phänomen der Pareidolie, Trugbilder, die aus Strukturen entstehen, die das Auge überfordern. Das Inwendige des Menschen ist dafür der Projektionsraum der Kunst.
Ein zweites Labyrinth auf das erste
Für die Monotypien verwendet Behrend Peters emulsionsfähige Ölfarben, gemischt mit Siebdruckverzögeren. Die aufgetragene, kleisterartige Masse wird mit den Fingern oder dem Spachtel schnell zu Strukturen, Mustern verteilt.
Es ist seltsam, dass ein Rätsel ein anderes Rätsel scheinbar löst, dass ein zweites Labyrinth auf das erste gelegt, einen Ausgang zeigt, aber so ging es Schreiber dieser Zeilen, dessen Projektionsinnenraum sich von allen anderen unterscheidet – vielleicht auch nicht in allem. Also schwiegen wir darüber eine Weile – nach. Bei einer Monotypie, die an Grashalme erinnerte, unterhielten wir uns dann über Walt Whitman, den berühmten amerikanischen Lyriker und seine Gedichtesammlung „Grashalme“. „Art gets you nowHere“ ist eine spannende Kunstanordnung.
Noch bis Dienstag, 22. November, sind im Gastatelier des Werk3 Arbeiten von Volker Behrend Peters zu sehen. Weitere Informationen unter www.werksviertel-kunst.de.