Die Express Brass Band oder besser eine abgespeckte Version davon, wie Neill Vaggers ergänzte, ließ ein schillerndes Schlusslicht des Werksviertel-Herbstfestes „Trachtival“ am Samstag, 24. Oktober, leuchten. Weit über eine Stunde unterhielten die fünf Blaser mit Neill an den Drums, der Kopf und Gründer Wolfi Schlick am Helikon vertrat, das Publikum. Es war schon dunkel und herbstlich zapfig. Alle tanzten, Kinder wie Alte in den Lichtern der Buden und des Kettenkarussells.
Die Spontan-Power der Express-Bläser nimmt das Publikum verläßlich mit
Das nordafrikanisch maghrebinische Feeling der Express Brass-Weltmusik schließt die nigerianische Version des Fela Kuti mit ein und verarbeitet bevorzugt auch arabische Skalen. Über viele Jahre hat Wolfi Schlick ein Netzwerk spontaner Dilettanten und Semi-Professionals herangezogen, um die dreissig Enthusiasten der postkolonialen Freundschaft, die in regelmäßigen Konzerten auch den Ruf des legendären Export Import an der Goethestraße begründeten.
Man huldigte 2012 in großer Besetzung zusammen mit den Artgenossen von Embryo auf dem Jazzfest 2012 Sun Ra, dem schrägsten Big Band-Leader aller Zeiten. Ein Mischevent zwischen solistischen Ekstasen, stummfilmartigen Kostümen und Ritual. Diese Express Brass Band ist immer schnell zusammengestellt wie vom künstlerischen Straßen-Lieferdienst, hat gut zwei Stunden Repertoire immer parat – stromlos, akustisch, spontan, immer in Bewegung.
Beliebt auf der Straße und bei Festivals, unkompliziert – frei
Schon in der alten whiteBOX war sie beliebt als Vernissagen-Band. Aus dem Fundus spielten auf der Kulturbühne mit langjähriger Erfahrung Teresa Gruber (tb), Gergeley Lucas (trp), Niko Schnabel (alto, cl), Ian Ensslen (baritone) und Simon Otto (tuba) Zugnummern wie „Radio Kabul“, „Poplar Tree“ und „Adalousian Springtime“. Alle sangen auch.
Schlagzeug, Tuba und Baritone legten immer einen stabilen Bassgroove mit übersichtlichen Changes, über den Posaune, Trompete und Altsax. Ihre ornamentalen, flippigen Soli mit der Liebe zu den arabischen Skalen navigierten. Dieser Sound reißt immer zuverlässig mit: Die moderne Attitüde der Bläser-Soli, schalmeienartig durchdringend, krächzend oder mit dissonant navigierenden tiefen Pfunden, coloriert einen Bilderbogen, der gleichmütig auf dem Rad der Bässe gedreht wird.
Refrains und Breaks hellen mit Reggae-Feeling auf und von neuem beginnt der stoische Tagebau der Bassfraktion – bis in die Nacht, wie es schien. Nach mehreren Zugaben entließ das Publikum die Express Brass Band, nachdem sich Teresa Gruber schon ein paar mal geschneuzt hatte.
Autor: Michael Wüst