Kann es wirklich sein, dass diese Band, die sich 25 Jahre darum verdient gemacht hat, diesen Musikstil von seinen Stigmata – Intellektualismus, Blasiertheit, den ganzen blasierten Zickendraht – zu befreien, immer noch ins Stottern kommt, wenn sie fragen muss: Wa-Wa-Was is Jazz? Für die Fans der Jazzkantine ist das natürlich keine Frage, wenn die Braunschweiger am 3. November ins Technikum kommen.
25 Jahre Jazzkantine und die Sache ist immer noch funky
Die Antipuristen, die mit Jordu auf ihrer neuen CD „Mit Pauken und Trompeten“ so ganz nebenbei beweisen, dass sie auf dem höchsten Level der Jazz-Götter Clifford Brown und Max Roach den Mainstream-Jazz der 50er Jahre beherrschen, sind gar nicht auf einer Mission, den Jazz zu entspießern. Das wäre ja irgendwie spießig. Was kommen musste, kam Anfang der 90er Jahre.
Und was hätte denn den Jazz noch mehr „vergrooven“ können als Rap? 1993 war der neue Sound „Jazzmatazz“ des Rappers Guru. Jazz-Rap war geboren und Braunschweig wurde zu seiner deutschen Hometown. Das Prinzip Fusion zwischen funky Electronics und Modern Jazz à la Herbie Hancock und Miles Davis und Weather Report gab es auch vorher schon. Die Kreativen hatten den Modern Jazz schon einige Zeit geknetet.
Wegbereiter bis heute, wo schon Techno im Jazz aufgekocht wird
Ein Schicksal, das ihm bis heute blieb, wenn man sich mittlerweile weltweit erfolgreiche Projekte wie die Jazzrausch Big Band anschaut, die Techno und Jazz verschmelzen. Wegbereiter Jazzkantine. Das neue Werk, die 14. CD, gilt in der Presse, immer auf der Suche nach neuen Attributen, als tiefenentspannter Lounge-Jazz, mal mit fetten, knackigen oder lässigen Beats.
Tatsächlich stehen schon beim Wa-Wa-Was is Jazz Cappuchino und Tachi total über den Dingen – wie Wackel-Dackel auf dem Armaturenbrett. Es ist ein groovendes, leckeres Nirvana. Völlig losgelöst, ultra-cool, ganz gleich welche scharfen Kurven ihr Jazzfahrzeug nehmen muss. Die Band ist verdammt edel, in Gold-Lametta-Jackets, sicher und souverän wie in Abrahams Wurstkessel.
Der Groove ist eine absolute Wertanlage, völlig unfehlbar, man kann nur gewinnen. In der totalen Performance dieser sicheren Anlage steckt aber eben auch jede Menge Witz und Ironie. Man könnte eigentlich platzen vor Lachen, wäre das nicht so uncool. Und unsere Front-Coolies waren doch überall dabei: Brown Town, Rap Nation, BMI (häh, Body Mass Index?), Head Charge und BPM (häh, Beats per Minute?). Diese Jungs sind tatsächlich nicht nur unheimlich gut, sie sind auch unheimlich prall.
Text: Michael Wüst
Bilder: Marc Stantlen