Ein sehr spezielles Ereignis wurde gerade in München gemessen: Die Sophie Hunger Festspiele, vom 6.-8. September.
Vom Freiheiz bewegte sich das Phänomen wie eine Welle über das Technikum, verließ München nach einem Konzert im Strom und bewegt sich nun Richtung Osten, wo sich in Berlin fünf Ziele vorbereitet haben, die Pop-Singularität zu realisieren, das legendäre Berghain eingeschlossen. Kein professioneller Veranstalter würde sich so etwas trauen, Sophie Hunger hat ihren Spaß daran, die Dinge zu spiegeln, zu drehen, auf ihre Weise zu reflektieren. In der Tat, sie reflektiert, sie selbst bleibt dabei fast unerkannt, sie performiert sozusagen in einer astralen Version ihrer selbst, von einer Aura weltenferner Einsamkeit umgeben.
Das gerade am letzten Augusttag in die Regale gekommene Werk „molecules“ stellt mal wieder etwas Neues dar in der schon 16 Jahre währenden Künstlergeschichte der jungen Schweizerin mit den drei Sprachen plus Schwyzerdütsch. Entschuldigung, natürlich: Schwyzerdütsch ist natürlich eine eigene Sprache. Das Technikum hatte ein Laboratorium an Tasten- und Knöpfe-Geräten aufgebaut, während des Supports „Alex Mayr“ füllte sich der Rezeptionsbereich komplett. Die Teilnehmer? Ein Kollege erkannte bei einem anderen Konzert so etwas wie heutiges, modernes Theaterpublikum. So unspezifisch dieses Publikum war, das kann man so sehen. Kein Fangehabe, kein Smartphone-Gewinke.
„Never try to please“ ist ja eine ihrer Rules of Fire, mit der sie sehr gefällt. Sophie Hunger vermeidet seit Jahren in ihrer intuitiv intelligenten Art und Weise in irgendwelchen Kategorien verklappt zu werden. Und so überrascht es nicht, dass man sich für ihr jüngstes Experiment genauso interessierte. In London hatte sie erstmals alleine mit digitalen und analogen Geräten, ihrer Stimme und Gitarre „molecules“ eingespielt. Alles auf englisch. Es hieß, sie würde nun mit Mainstream-Pop ihr Marktsegment vergrößern. Das kann man meinen, wenn man nur die Konserve hört.
Wer aber Sophie Hunger live erlebt wird selbst als Digital-Skeptiker nicht umhin können, in den Sog ihrer Performance zu geraten. Man kann wie alle Pop-Exegeten Verwandtschaften ausmachen zu Krautrock, den jungen Wilden der 80er Jahre, Radiohead oder Portishead. Manches Ostinato-Geblubbere erinnert sogar an DAF. Die Referenzen fungieren auch mal tatsächlich als Zitat, meistens aber sorgen dann unverhoffte Breaks, die wirken als würde man in ein schwarzes Loch fallen, für die umgehende Fokussierung auf das Zentrum des Phänomens – der Stimme von Sophie Hunger, die klingt als wäre sie fern von einer einsamen Schneekönigin, die über ihre Spielzeuge herrscht.