Am 28. Juni 2017 eröffnete an drei Münchner Kunstorten das Kooperationsprojekt „Double Road“, das Ende Februar im Gastatelier der whiteBOX im WERK3 mit der Residency der Künstler Suresh Kumar und Sridhar Gangoli begann. Im Juni und im Juli kamen vier weitere Künstler aus Bangalore im indischen Bundesstaat Karnataka nach. Suresh Jayaram, ebenfalls Kurator, die Filmemacherin und Malerin Bhavani GS, der Bildhauer Navin Thomas und der Multimediakünstler Yashas Shetti bereiteten ab sofort die Ausstellungen im Kunstpavillon, im Alten Botanischen Garten, im MaximiliansForum und in der whiteBOX vor.
Austauschprojekt München-Bangalore des Goetheinstituts
Die Münchner Beate Engl, Christian Engelmann, (whiteBOX-Ateliergemeinschaft) und Maximilian Erbacher, Fabian Hesse, Hermann Hiller und Ralf Homann hatten im Namen der bangaloREsidency des Goetheinstituts / Max Mueller Bhavan Bangalore eingeladen. Der Austausch mit der indischen High Tech-Metropole besteht bereits seit 10 Jahren. Die Gruppe der Münchner Initiatoren war selbst bereits zu einem kreativen Aufenthalt in Bangalore eingeladen gewesen, sie übernahmen jetzt die Kuratierung der Arbeiten der 16 Künstler plus Künstlergruppe Zero8Zero an den drei Ausstellungsorten. Unterstützt wurde dieses erste Residency-, Austauschprojekt der whiteBOX vom Freistaat Bayern und dem Kulturreferat der Landeshauptstadt. Ein beachtliches kunst- und gesellschaftspolitisches Netzwerk, deren Ergebnisse mehrere Besuche bis 30. Juli in whiteBOX und Kunstpavillon und bis 3. September erforderlich machen sollten. Zusätzlich arbeiten indische Gäste weiter an Aktionen im Flo** in Giesing zusammen mit Hermann Hiller. Der führte am Eröffnungstag zusammen mit Maximilian Erbacher in die Arbeiten, die in der whiteBOX ausgestellt sind ein.
Deutlich zeigte sich in den Video-Arbeiten die Differenz der Lebenswelten einer indischen High Tech-Stadt im Vergleich mit westlicher Moderne. Dies jedoch, ohne als Unterscheidungsmerkmal das Folkloristische, Ethnologische oder Religiöse der eigenen Kultur heranzuziehen. Zumindest eben nicht als Ausgangspunkt und Voraussetzung der Differenz, wie Hermann Hiller betonte. Obwohl selbst so etwas wie imaginäre Ethnologie unter den Verwischungen der Globalität sinnlos erscheint, tragen Ort und Personen der besonderen Aktionen und visuellen Meditationen zu einer besonderen Fremdheit bei, die aber gerade unter dem Homogenisierungsakt der Weltmoderne unsere Gemeinsamkeit entdecken lassen sollte.
Ausstellung an drei Kunstorten in München
Ein Akt von verstörender Einsamkeit ist das Video „Consumable Space“ von Shridhar Gangoli. Eine Plakatwand trägt die Aufschrift „Before The Last Are Taken Book Your Space In The Sky“. In einem Netz hängt der Künstler und vermisst mit den Maßeinheiten seines Körper, gegeben durch Finger, Hand, Elle, die Buchstaben des Textes. Die Plakatwand, die ursprünglich in Bangalore stand, war für das Video in Waldtrudering wieder aufgebaut worden. Schnittstelle einer Double Road High Tech-Metropole, Münchner Vorort mit biederen Giebeldächern im Hintergrund. Das ist düster ohne den Pinsel in den Farbtopf der Dunkelheit getaucht zu haben, es ist düster in der Helligkeit Waldtruderings.
Das Video von Baratesh GD „eXtraLarge“ zeigt dagegen den Protagonisten in der echter Schwärze. Dem Kopf des Helden führen Messer und Gabel schemenhaft wie in der eigenen Grabkammer kleine Fleischstücke des eigenen Körpers zu, ein Bild legt nahe, dass es sich um ein eigentümlich genüssliches Verspeisen des eigenen Genitals handelt. Eine Darstellung wie sie in unserer Gesundheitsprofanen Kultur des Veganismus wohl kaum vorkommen könnte.
Im lichtdurchfluteten Kunstpavillon dagegen dominieren zarte, spielerische Objekte und Zeichnungen des Vegetabilen, kindliche Installationen der Technik. Von unvergleichlicher Leichtigkeit sind „Forever Ripe“ von Ragini Bhow und „Let the others in (Trees).
Besonders reizvoll, das MaximiliansForum mit Arbeiten von Varsha Bide, Bhavani GS und Navin Thomas. Im dystopisch verlassenen Untergeschoß, mit unverkleideter Decke, überwucherten Rolltreppen und nur dem Fauchen einer Windmaschine, nehmen sich buntes Spielzeugartiges, eine indische Verbeugung vor dem Eisbach und im künstlichen Wind flatternde Fetzen zugleich tröstlich und verlassen aus. „Before The Last Are Taken Book Your Space In The Sky“.