Vor inzwischen 3 Jahren, im April 2014 begeisterte bereits die 12köpfige Blues-Soul-Rock-Formation Tedeschi Trucks Band aus Jacksonville, Florida, in der TonHalle, damals anlässlich ihres dritten Albums „Made Up Mind“.
Jetzt, drei Jahre später, rockte Tedeschi Trucks am 17.03.2017 erneut die TonHalle im Werksviertel Mitte.
Was noch beim ersten Album „Revelator“, das 2010 entstanden war aus der Vereinigung der beiden Bands von Susan Tedeschi und Derek Trucks, gelegentlich kritisch angemerkt wurde, dass die „Hintermannschaft“ noch nicht ganz mithalten konnte mit den komplexen und improvisatorisch reichen Strukturen der beiden Frontstars, das war da bereits kein Thema mehr gewesen.
Die „Hintermannschaft“ mit Backing Vocals, Bläsersatz, zwei Schlagzeugern, Orgel, Keyboards und Bass war aufgerückt. Die Liebe zu dem Haufen zusammengewürfelter Individualisten hatte eine magische, warmherzige, und tief südstaatlich groovende musikalische Einheit geschaffen. Mit „Let Me Get By“ zeigt das Familienunternehmen, dass es entschlossen ist, weitere Ufer aufzusuchen, musikalisch und auch geschäftlich. Das dritte Studioalbum ist von Derek Trucks selbst produziert und die Songs sind alle aus der eigenen Feder. Bei Livekonzerten zeigt sich wie bei „Ali“ (Live from The Fox Oakland, 2017), dass Ephraim Owens (trp), Kofi Burbridge (org, keyb) zusammen mit Derek Trucks und seinen schmelzenden indischen Raga-Lines Spaß daran haben, in Gefilden von Miles Davis und Herbie Hancock zu wildern.
Überhaupt ist bewundernswert wie offen die Songs live gegenüber Improvisationsteilen sind. Beim zweiten bald zehnminütigen Stück in der TonHalle „Don´t Know What It Means“ baut sich der Druck langsam, aber umso gewaltiger auf.
Derek Truck beginnt mit unschuldigen Wah-Wah-Sounds, um die Band in einem sich unnachgiebig und schier endlos steigernden Solo in funky Bläsereinsätze förmlich zu zwingen, gepaart mit sattem Orgel-Fett. Ein sagenhafter Aufstieg, der quasi in die Krise einer Peripetie gerät, als relativ überraschend Kebbie Williams (ts) zu einem rigiden, teilweise alterierenden, also auch Dissonanzen wagenden Solo anhebt. Der ganze Druck verebbt und in so etwas wie einer stoßweise vorgetragenen Albert Ayler-Attitüde werden Stakkato-Fetzen hineingeworfen. Mal meint man ein verkrüppeltes Happy Birthday zu hören, mal eine deviante Singsang-Version des Star Bangled Banner.
Susan Tedeschi kichert leicht und greift zur Wasserflasche. Kurz darauf ist wieder Schluss mit arty farty und das Monster landet erschöpft und superweich. Man hat wirklich Mut zu Ausflügen. Und ist so wohltuend unprätentiös. Tatsächlich, die trauen sich was.
Die machen alle einfach nur Musik! Bei „Bird On The Wire“, ebenfalls auf „Live from The Fox Oakland“, hat das Publikum Gelegenheit sich im Klang der wunderbaren Stimme von Susan Tedeschi zu baden. Eine wahre Freiheits-Hymne kommt da auf, man spürt die Nähe zu den Mad Dogs and Englishmen. Susan Tedeschi´s lupenreine Gospel-Blues-Stimme aber ist nicht durchgehend rauh, sie kann ganz rein und sauber. Aber wehe, wenn der Blues mit Macht aufkommt, da ist jeder platt. Man muss sich nur mal ihre Version von dem Mad Dogs-Song „The Letter“ anhören oder „It´s So Heavy“ von Made Up Mind.
Es gibt wirklich jede Menge tolle Blues- und Soul-Sängerinnen, man denke nur an Sharon Jones, die uns leider erst vor kurzem verlassen hat, doch was bei Susan Tedeschi dazukommt- dieses große Country-Americana-Flair mit seiner Erzählung vom schweren, einfachen Leben- das macht sie derzeit einfach schlicht weg einmalig.
Wieviel Blues doch in diesem Song von Leonard Cohen ist und wie diese Worte wirkten: „Oh like a bird on the wire, like a drunk in a midnight choir, I have tried in my way to be free.“
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