In der TonHalle sahen 2000 Fans des fliegenden Eis aus Ochsenleder die erste Entscheidung eines Super Bowl in der Overtime. Einhellig wird dieses Finale zwischen den New England Patriots und den Atlanta Falcons als das Irrste der NFL-Geschichte bezeichnet.
Um 4.34 Uhr war es soweit: mit einem Touchdown von James White aus einem Abstand von nur einem Yard zum Feld der roten Falcons war eine unvergleichliche Aufholjagd in Houston, Texas, zu Ende gegangen und Tom Brady, der Quarterback der Patriots, wurde mit seinen 39 Jahren endgültig zur absoluten Football-Legende.
Unvergleichlich, denn noch nie hatte ein Team gewonnen, wenn es zur Halbzeit mit mehr als 10 Punkten zurücklag, die Patriots lagen da ganze 25 Punkte zurück! Wer auf den Außenseiter aus Atlanta gewettet hatte, war sich zu diesem Zeitpunkt schon eines hübschen Gewinns gewiss. Aber was für eine Enttäuschung für die Fans der Falcons. Wieder einmal hatte ein weißes Team gewonnen.
Die Sat 1-Moderatoren Frank Buschmann, Markus Kuhn, Patrick Esume, Andrea Kaiser mit Internet-Rechercheur Christoph „Icke“ Dommisch, japsten und schrien entfesselt durcheinander. Patrick Esume, der noch in der Halbzeit einen Sieg der Patriots für möglich gehalten hatte, war längst das Hemd aus der Hose geplatzt. Außerdem steckte er barfuß in den Schuhen, wie Frank Buschmann bemängelte. Etwa zwei Millionen Zuschauer in Deutschland verfolgten das größte Sportspektakel des Jahres, über 100 Millionen in den USA, ein Drittel der amerikanischen Bevölkerung, und eine Milliarde weltweit oder etwa jeder achte Mensch auf der Erde. Dementsprechend brannte auch die Luft in der TonHalle.
Die gefüllten Pitcher kreisten unaufhörlich, jede Menge Amerikaner als Gäste und auch das amerikanische Konsulat mit Tina Blank gab der TonHalle die Ehre. Amerika, wie es selbst Skeptiker lieben. Werner Eckart war bereits 2009 zu Zeiten der Kultfabrik Hauptsponsor der Munich Cowboys und trägt seitdem dazu bei, dass auch diese Sportart in der Fußballstadt lebendig bleibt. Die Live-Übertragung in der TonHalle mit der 40 qm-Leinwand fand bereits das 9. Mal statt, der Event wurde jedes Jahr beliebter.
Mit Spannung erwartet worden war auch die Halftime-Show von Lady Gaga, die bereits letztes Jahr die Hymne zur Eröffnung gesungen hatte. Mit Spannung, denn die Clinton-Unterstützerin machte auch ihrer Meinung zu Trump stets keinen Hehl, während die New England Patriots und Tom Brady im Wahlkampf an der Seite des jetzigen Präsidenten standen in Houston, Texas in einem Staat, den Trump deutlich gewonnen hatte. Während zu Beginn der Halbzeit um die 680 Millionen Liter Wasser heruntergespült wurden, das ist die Menge, die die Niagarafälle in langen drei Minuten hinunterrauschen, machte sich die Lady im silbernen Outfit und mit wunderschöner blonder Mähne auf dem Dach des Stadions bereit. Sie sang „This Land is your Land“ und „God bless America“.
Klar, dass der erstere Song von Woody Guthrie, des bedeutendsten amerikanischen Liedermachers in der Friedens- und Gewerkschaftsbewegung, jenes Mannes, der auf dem Sterbebett die Stafette des Protests an Bob Dylan weitergegeben haben soll, am Anfang auf dem Dach in der Dunkelheit das Statement, vielleicht weniger gegen Trump, als für das weltoffene Amerika war. Es folgte ein Sturz in Nacht hinab auf die Bühne des NRG-Stadions und ein Medley ihrer Hits von „Poker Face“, „Born This Way“, „Telephone“, „Just Dance“, „Million Reasons“ bis „Bad Romance“. Vor allem mit „Born This Way“, einer Hymne der lgbt-People, verlieh sie ebenfalls ihrer Position Ausdruck.
Das Ganze allerdings in einer Pyromanie-Choreographie-Hektik, die nicht unbedingt groovte, zu pausenlos die Jagd der Superlative. Da denkt man an den King of Pop zurück, der 1993 die Halbzeit des Finales bestritten hat, wohl für immer unerreicht. Auch Airbnb aus dem von Trump etwas irritierten Silicon-Valley und Coca-Cola zeigten Werbeclips, die auf die ethnische Vielfalt Amerikas abhoben. Aber heute ist erstmal Montag.
Und ob heuer auch wieder über eine Milliarde Chicken-Wings verpeist und 160 Millionen Liter Bier getrunken wurden, ist noch nicht gesichert, heute am Supersick Monday.