Die Ferienzeit geht langsam zu Ende und die Stadt schwingt sich wieder ein. „It must schwing“ lautete ja tatsächlich das „denglishe“ Credo der Berliner Juden Alfred Lion und Francis Wolff, die 1939 in New York das legendäre Jazzlabel Blue Note gründeten.
Eine der ersten feinen Schwungscheiben für heuer wurde am Freitag, den 2. September, im On Stage von „Swing and the City“ angeworfen. Immer wenn es heißt, „Swing-a-Ling Party“ und die flachen Tanzschuhe eingepackt werden, ist auch eine Live-Band mit am Start.
Aber nicht nur in der Nachtkantine, wo immer montags nach kostenlosen Schnupperkursen, alles was swingt unterrichtet wird, vom Lindy Hop über Boogie, Balboa, Charleston bis Burlesque, sondern auch im OnStage, das im großen Veranstaltungsraum eine eigene Bühne hat. Im Sommer kann man vorher schön draußen sitzen. Die fachsimpelnden Tänzer werden nur manchmal amüsiert unterbrochen durch schwitzende Crossfit-Menschen, die das Werk 9 im Circle Training umrunden.
An einer langen nostalgisch-eleganten crèmefarbenen Bar gibt es kühle Drinks zu anständigen Preisen und Christine von Scheidt, die Leiterin, trainiert bereits vor einer Spiegelwand mit Leuten aller Altersschichten, die auch gerne einzeln kommen dürfen. Das Verhältnis der Geschlechter, Lead-Follow, was Mann-Frau meint und noch aus vorfeministischer Zeit zu stammen scheint, pegelt sich stets sorgenfrei ein. Drinnen, im großen Ballroom mit ledernen Fauteuils und einem gepflegten Holzboden, baut die Malis Swing Connection auf.
Der Raum, der zu Zeiten der Kultfabrik das größte Atelier auf dem Gelände war, ist an die zehn Meter hoch und gekrönt von großen Oberlichten. Mit schummriger Beleuchtung wird die Atmosphäre cosy, nur der Tanzboden reflektiert das hellere Licht, das von der Bar hereinflutet und die Füße der Tänzer im Wirbeln abbildet. Malis Schurz, die Sängerin, zitiert mit ihren alten Swinghasen – öfter spielen da auch Legenden wir Gary Todd (Bass) und, wie heute, Rick Hollander (Drums), aus dem Great American Songbook. Cole Porter, Duke Ellington, Count Basie kommen zum Einsatz.
Ein Feeling wie bei „Stomping at the Savoy“ ist im Raum. Malis bringt aber auch mit verführerisch sonorem Timbre Songs wie „Stormy Weather“ oder gibt mal die Marlene von Kopf bis Fuß. Oder in einer deutschen Fassung „Fly me to the Moon“. Von „Bye Bye Blackbird“ bis „Bésame Mucho“, der Raum schwingt, the Living is easy. Man denkt an Hildegard Knef zurück.
Aber Swing besteht für uns ja nicht nur in der Achse Berlin-New York. So erinnert zum Beispiel am 15. September „Swing and the City“ im Hofbräuhaus mit „Bouncing in Bavaria 2016“ an die Swing-Nachbarschaft in München nach dem Krieg. Mit den Swing Lyons und der Geigenmusi der Schreinergeiger kann dort spaßig ausprobiert werden, wie es ist, vom Lindy Hop zum Zwiefachen zu wechseln. Es kann ja nur swingen, wenn´s verbindet!