Der Pop Artist Heinz Burghard ist seit 13 Jahren auf dem Gelände, seit damals, als sich der Kunstpark Ost in die Kultfabrik verwandelte. Seitdem hat er sein Atelier im dritten Stock des Werk 1. In diesen 13 Jahren hat er hier viel erlebt, viele kommen und auch wieder gehen sehen. Der hagere, skeptisch-distanzierte Menschenfreund mit dem grauen Bart, gelassen-lässige Mischung aus Beatnik und Bohémien, ist so etwas wie ein Chronist dieser wilden und verrückten Tage. Ein Geschichtenerzähler.
Sein eigenes Leben, das er stets mit einem leichten Schulterzucken zur Kenntnis nimmt, dieses Leben, heraus aus dem Schwabing der 70er ins New York der 90er Jahre, ist eigentlich noch schillernder.
Zurzeit kann man ihn gegen Mittag vor seiner Pop Up Pop Art Gallery im Erdgeschoss bei einem Kaffee antreffen, mit Blick auf die dort entstehende Plaza mit ihren Gleisen für fahrbare Hochbeete, was später von Containern, die sich aus dem ECKparks fortsetzen, eingefasst werden wird. In dem hellen Raum hängen noch unverbundene Kabel an der Decke, die Wände zeigen aber schon diverse Arbeiten – Siebdrucke, Drucke und Kopier-Collagen – und die Kaffeemaschine ist eben auch schon eingetroffen.
Weiß man eigentlich so genau, was Pop ist? Ein Merkmal dessen, was man später Pop nennt, um dem schwer Erklärlichen irgendeine Hausnummer zu geben, war das plötzliche Auftauchen, die Eruption eines neuen Lebensgefühls, einer anderen Art mit der Musik, aus der Musik heraus sich zu geben, zu leben. Und in der ironischen Kopie der Vervielfältigungsmechanismen machte Pop Art Kunst. Das Prinzip des Pop Up passt also zum Pop, jenseits der Trivialität, die damit zum Ausdruck kommt.
So gesehen ist Heinz Burghard der richtige Mann für seine zufällig aufgetauchte Gallery. Sein Leben ist nämlich selbst Pop, eine Serie höchst vitaler Lebens-Verunsicherungen.
Der Schwabinger war Redakteur der Musikzeitschrift Pop Rocky, arbeitete für Bravo, lernte nebenbei professionell fotografieren, war Tourbegleiter eines deutschen Schlagerstars, Assistent im Anti-Terrortraining, Tonmeister und DJ in der legendären Occam Beer Hall und gelegentlich im Big Apple.
München war die Stadt der Popstars mit Freddy Mercury, Jimmy Hendrix, Spencer Davies Group und Deep Purple, man traf sich in Discotheken wie dem Why Not, im heutigen Maßstab gerade noch kleinere Bars. Man war sich nah.
Da hat Heinz Burghard auch einmal den kunstsinnigen Hubert Burda getroffen. Daraus wir wieder ein Job. Diesmal geht es um das Layout edler Magazine. Erholsam, aber ein bisschen langweilig. Die Zeit, die er am Kopierer zubrachte nutzte Burghard in seiner Weise. Es entstand das, was er später die Neopop-Copy-Art nannte. Kurz und gut, es folgte eine Ausstellung im Hause Burda, die sich als sehr erfolgreich herausstellte und eine in der Galerie Jörg Heitsch.
Anfang der 90er hieß es dann für ihn dann klarer Weise: New York Calling. Aufs Geratewohl flog also der frisch gebackene Pop Artist nach New York, lernte relativ schnell Ultra Violet, Alan Mitchet, den mehrmalig bei Empfängen eingesetzte Doppelgänger von Warhol, und Billy Name, den Nachfolger in der nach Warhols Tod weiter bestehenden Factory kennen.
Im Künstlerhotel „Carlton Arms“ gestaltete er einen eigenen Raum. Neben ihm, auf dem Flur sprayte André M. Charles, der Assistent von Keith Haring. Und zehn Jahre zuvor hatte ebenfalls dort ein wenig bekannter Künstler gearbeitet: Banksy.
Burghard wundert sich nicht, er zuckt mit den Schultern, grinst. Ob sich so ein Kreis schließt, im Allgemeinen oder für Heinz Burghard, wir wissen es nicht. Heute sitzt der Mann, der über die Zukunft nicht mehr weiß, als dass sie kommt, vor seiner Pop Up Pop Gallery und genießt erstmal den Kaffee.